Die Ökonomie der DVR trägt einen äußerst geschlossenen Charakter. Aber die Menschen müssen wissen, wohin die Republik geht – Interview mit dem Vorsitzenden der KP der DVR Boris Litwinow

In einem Interview mit „Antifaschist“ berichtete der erste Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der DVR Boris Litwinow über die Situation in der Partei, der Republik, die Passausgabe und die gegenseitigen Beziehungen mit Russland und der Ukraine.

— Vor kurzem fand in Donezk der 5. Parteitag des Kommunistischen Partei der DVR statt, auf dem Sie wieder in das Amt des ersten Sekretärs des Zentralkomitees gewählt wurden, wozu wir Ihnen gratulieren. Welche Veränderungen gab es in der Partei seit dem vorhergehenden Parteitag?

— Danke für die Glückwünsche! Am 8. Juni haben wir den 5. Parteitag der KP der DVR durchgeführt. Der vorhergehende ordentliche Parteitag fand im April 2016 statt, der 3. und der 4. Parteitag waren außerordentliche. Sie waren dem Entzug der Abgeordnetenvollmachten der Vertreter der KP der DVR im Volkssowjet im Jahr 2016 bzw. dem Beginn des Wahlkampfs im Jahr 2018 gewidmet.

Was hat sich seit dem letzten ordentlichen Parteitag verändert? Die Partei hat einige dramatische Etappen durchlebt. Erstens wurden unsere Vertreter aus dem Volkssowjet ausgeschlossen. Damals haben wir den Schluss gezogen, dass dies ein Beiseiteschieben der, wie ich es nenne, politischen Kreativität der Massen bedeutet. Der Ausschluss von Kommunisten aus dem Parlament bedeutete einen Entzug ihrer Möglichkeit, ihren Standpunkt, wie sich die Republik entwickeln soll, im öffentlichen Raum auszudrücken. Zweitens gab es wesentliche Änderungen in der Partei selbst. Im Sommer 2016 hatte die KP der DVR mehr als tausend Mitglieder, was der Gipfelpunkt ihrer Entwicklung war. Dabei muss angemerkt werden, dass unterschiedliche Menschen in die Partei kamen einschließlich solcher, die eine Möglichkeit suchten, ausschließlich persönliche Ziele zu verfolgen. Deshalb haben wir zum 5. Parteitag unsere Reihen gesäubert. Mehr als 160 Mitglieder wurden ausgeschlossen. Jetzt hat die KP der DVR 645 Mitglieder, die auf dem Territorium der Republik leben. Weitere 237 Mitglieder haben das Territorium der DVR verlassen, sind aber weiter Mitglieder unserer Partei. Hauptsächlich sind sie nach Russland gefahren, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

— Verlief der Parteitag ohne Probleme?

— Ohne Probleme. Mehr noch, am Vortag des Parteitags, als wir unsere Räumlichkeiten, die in der Folge der Explosion im September 2018 beschädigt wurden, vorbereiteten, wurden wir aus der Administration des Oberhaupts der DVR angerufen und es wurde uns vorgeschlagen, ihn absolut kostenlos im Kujbyschew-Kulturpalast durchzuführen. Buchstäblich über Nacht wurde eine neue Räumlichkeit für unseren Parteitag vorbereitet. In diesem Fall kam die Regierung uns entgegen, hat gute Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt, hat bei der Organisation des Parteitags geholfen. Dafür sei ihr gedankt. Aber man muss darüber nachdenken, was dahinter steht: eine Verbesserung der Beziehungen oder ein einmaliger „Gefühlsausbruch“. Eine Verbesserung der Beziehungen begrüßen wir natürlich. Die Kommunistische Partei gab und gibt es auf dem Territorium des Donbass und es wird sie weiter geben und die die derzeitige Regierung der DVR muss das berücksichtigen.

— Sie haben an den Sprengstoffanschlag in den Räumlichkeiten der KP der DVR erinnert. Kommt die Ermittlung zu dieser Sache voran?

— Die Ermittlung kommt voran. Ich war vor kurzem im MfS und haben weitere Protokolle unterzeichnet. Es wurden bereits zwei dicke Bücher mit Materialien zu der Sache erstellt, es gibt verdächtige Personen. Man hat mir deren Fotos gezeigt, aber ich werde ihre Namen jetzt nicht nennen, weil sie nur verdächtig sind. In den letzten fünf Jahren gab es in der Republik nicht wenige aufsehenerregende Ereignisse, bei denen es Morde und Anschläge gab. Aber wir kennen weder Ursachen noch Organisatoren abschließend. Irgendwo wurden die Ausführenden gefunden, irgendwo wurden die Auftraggeber festgestellt, aber dies wird nicht breit veröffentlicht. Tatsächlich ist dieser Prozess langandauernd, damit befassen sich Spezialisten. Aber ich bin Anhänger der Ansicht, dass wie der Faden sich auch windet, das Ende sich dennoch finden wird. Früher oder später wird der Mord am Staatsoberhaupt und an Helden der Republik, eine Menge anderer Verbrechen, darunter der Sprengstoffanschlag auf dem 4. Parteitag der KP der DVR, aufgeklärt werden. Heute müssen uns weiterbewegen und die Aufgaben lösen, die der 5. Parteitag gestellt hat.

— Welche Aufgaben haben sich die Kommunisten gestellt?

— Es gibt einige Aufgaben, aber ich möchte auf folgendes eingehen. Aus unserer Sicht ist eine Volksrepublik eine Republik, die sich auf einem sozialistischen Entwicklungsweg bewegt. Diese Idee stand unter den einfachen Einwohnern während der Bildung unserer Republik auf dem ersten Platz. 2014 wollten sie nicht nur eine Wiedervereinigung mit Russland, sondern auch den Aufbau einer sozial gerechten Gesellschaft ohne Oligarchen und Kapitalismus. Deshalb streben die Kommunisten danach, alle Kräfte, die auf diesen Positionen stehen, zu vereinigen. Am 7. April dieses Jahres während der Feiern des fünftens Jahrestags der DVR in Donezk auf dem dem Lenin-Platz wurde die Idee der Schaffung einer volkspatriotischen Front geäußert, der alle vernünftigen politischen Kräfte angehören sollen. Auf dem 5. Partei der Partei wurde die Idee von der Mehrheit der Delegierten unterstützt.

Wir meinen, dass es in der ersten Etappe notwendig ist, eine volksdemokratische Umbildung in der Republik durchzuführen. Bis heute wurde auf diesem Gebiet zu wenig getan. Es wurden keine Gesetze über politische Parteien, gesellschaftliche Organisationen, eine örtliche Selbstverwaltung angenommen, eine ganze Reihe grundlegender Gesetze fehlt. All dies ist die Aufgabe der gesetzgebenden Staatsmacht. In einer ersten Etappe muss es ein Mehrparteiensystem geben. Die Rede ist nicht von Dutzenden oder gar hunderten von Parteien wie dies in der Ukraine war, aber einige Parteien, die auf den Positionen des Aufbaus einer Volksrepublik stehen und die Interessen des Volks zum Ausdruck bringen, muss es geben. Doch dafür ist es notwendig, die grundlegenden Gesetze zu beschließen, deren Zahl nach meinen Berechnungen etwa 60 beträgt.

— Lassen Sie uns jetzt über Fragen der Ökonomie sprechen. Welche ökonomische Situation besteht in der DVR heute?

— In der DVR gehört ein Teil der Unternehmen der Staat. Das sind die Unternehmen, die auch zuvor staatliche waren. Aber die Unternehmen, die privatem Kapital gehörten, wurden unter äußere Leitung gestellt. Die größten Aktiva wurden dem Unternehmen „Wneschtorgserwis“ übergeben. Dabei ist die Aktivität dieses Unternehmens nicht transparent. Ja und im Ganzen trägt die Ökonomie der Republik einen äußerst geschlossenen Charakter. Mehr noch, das Parlament hat kein einziges Mal einen Haushalt der Republik beschlossen. Es gibt keine Statistik, keine Analyse, keine Kennziffern. Wenn wir diese Kennziffern nicht kennen, wie können wir etwas für die Zukunft planen? Man sagt, dass es nicht möglich sei, die Aktivitäten offen zu legen, weil Krieg ist. Wenn man so argumentiert, so kann man jahrzehntelang unserer solchen Bedingungen arbeiten. Aber den Menschen muss gezeigt werden, wohin die Republik geht.

— Unter anderem ist „Wneschtorgserwis“ eine Vermittlungsstruktur in den ökonomischen Beziehungen zwischen dem Donbass und Russland. Warum betreibt die russische Führung aus Ihrer Sicht keine offene Arbeit mit den Republiken?

— Im Jahr 2014 erschien es uns, dass es für die Ökonomie des Donbass keine Schwierigkeit ist, sich in die Ökonomie der Russischen Föderation und sogar der GUS zu integrieren. Aber es gibt außenpolitische Faktoren, es gibt Sanktionen, die gegen alle Unternehmen verhängt werden, die mit Unternehmen der Donezker Volksrepublik zusammenarbeiten. All dies hält Russland zurück. Aber aus unserer Sicht ist es dennoch möglich, eine Entscheidung über die Einrichtung besonderer ökonomischer Beziehungen mit der DVR zu treffen. Außerdem war ich bereits Ende 2014 an der Ausarbeitung eines Projekts einer Körperschaft zur Entwicklung der DVR beteiligt. Daran waren auch viele russische Wissenschaftler beteiligt. Im jeden Subjekt der RF existieren Körperschaften zur Entwicklung des Territoriums. Gemäß diesem Beispiel wurde vorgeschlagen, eine solche Körperschaft auch bei uns einzurichten. Sie könnte alle Aktiva des Staates oder einen Teil von diesen vereinen, um die Planung der Entwicklung der DVR zu beginnen, und dabei auf russischem Territorium registriert sein. Über diese Körperschaft, die alle wesentlichen Funktionen des Kontrolle über die außenwirtschaftliche Aktivität übernehmen würde, könnte eine Zusammenarbeit mit Unternehmen der Russischen Föderation stattfinden. Aber damals fand diese Idee keine Unterstützung von Seiten der Führung der Republik.

— Eine weitere Frage, die direkt mit den Beziehungen zwischen dem Donbass und Russland verbunden ist, betrifft die Ausgabe von russischen Pässen für die Einwohner der Republiken. Wie läuft dieser Prozess?

— Das war ein erwartbares Ereignis für die DVR und die LVR. Mehr als 60 Menschen haben die Dokumente bereits erhalten. Ich habe mich auch in die Warteliste für den Erhalt eines russischen Passes in einem der Stadtbezirke von Donezk eingetragen. Jetzt muss man jeden Tag zur Überprüfung dorthin gehen. In meinem Bezirk bin ich der 57. auf der Liste. Die Warteschlange bewegt sich langsam vorwärts. Beispielsweise konnte am Samstag, den 15. Juni keine einzige Person ihre Dokumente einreichen. In der Warteliste, in der ich bin, sind etwa 70 Personen. Und wird sich nur vergrößern, weil in der benachbarten Warteliste für den Erhalt eines DVR-Passes befinden sich 555 Personen. Wie bekannt ist, muss man einem DVR-Pass haben, um einen russischen Pass zu erhalten. Diejenigen, die heute als letzte auf den Wartelisten stehen, können ihre Dokumente nicht vor September abgeben.

— Wie sehen Sie das, bedeutet die Ausgabe russischer Pässe für die Einwohner des Donbass eine endgültige Abspaltung von der Ukraine?

— In meiner Sicht ist selbst ohne Ausgabe russischer Pässe ein Rückkehr in die Ukraine bei dem politischen Regime, das im Land herrscht, unmöglich. Nach den Wahlen des neuen Präsidenten Selenskij ist das Regime dasselbe geblieben – es ist ein oligarchisches Regime, das vollständig den Amerikanern untergeordnet ist. Heute gibt es in der Ukraine keine Kräfte, die in der Lage sind, das Land aus dem Protektorat der USA herauszuführen und freundschaftliche Beziehungen mit Russland herzustellen und damit seine Politik gegenüber dem Donbass zu verändern.

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